Rezension Schatz, ich habe den Index geschlagen von Christian Thiel
Das Buch
Normalerweise schreibe ich meine Inhaltsangaben lieber selber. Ich bin kein Freund von übernommenen Inhaltsangaben, aber bei diesem Buch möchte ich eine Ausnahme machen und führe hier nun die Inhaltsangabe des Campus Verlages1 auf. Sie gibt schon einen leisen Vorgeschmack auf die Art und Weise, wie das Buch geschrieben ist.
Dem Bankberater gezeigt, wie das Geschäft geht …
Legen Sie Ihr Geld noch bei der Bank an? Dann wissen Sie auch, dass die Zinsen nicht mal für ein schickes Essen mit der Familie reichen. Diese Erfahrung machte auch Christian Thiel. Und wendete sich daraufhin der Börse zu. Psychologischer Berater, der er ist, weiß er mit dem „Angstgegner Aktie“ umzugehen: Kurzweilig erzählt er in „Schatz ich habe den Index geschlagen!“, weshalb Anleger so oft aufs falsche Pferd setzen und wie sie fatale Denkfehler vermeiden können. Thiels Touren durch die Irrungen der Finanzwelt führen ihn zu Anlageprofis aller Art – vom Trader über den ETF-Fan bis hin zum Goldminenbesitzer. Sein Ziel: die besten Aktien der Welt zu finden. Das vollkommen Aberwitzige: Ausgerechnet er hat sie gefunden – und den Index geschlagen!
Christian Thiels Buch zeigt auf unterhaltsame Art:
– wie gerade Kleinanleger große Gewinne erzielen können,
– wie Sie sich den Bankberater sparen können,
– wie entspannt der Handel mit Aktien sein kann.
Rezension
Christian Thiel möchte mit seinem Buch eine Alternative zur klassischen Geldanlage aufzeigen: Den Aktienhandel. In der Zeit niedriger Zinsen kann man auf dem Sparbuch nichts erwarten, der Bausparvertrag bringt auch nicht mehr wirklich viel und ausserdem kann man den Bankberatern ja überhaupt nicht über den Weg trauen. Das sind ja alles nur Verkäufer, die zum Wohle der Bank und nicht zum Wohle des Kunden handeln. In eine Immobilie investieren? Um Himmelswillen! Oder gar Gold kaufen? Dann kann man sein Geld ja besser gleich verbrennen! Trader? Alles spielsüchtige Zocker, die das Vermögen der Familie veruntreuen und aus dem Fenster werfen.
… und damit wären wir schon mitten drin in meiner Kritik an diesem Buch.
Hätte, hätte …
Der Autor hat sich die Mühe gemacht und mehr oder minder aufwändig berechnet, wieviel Geld man mit dem Investment in verschiedene Aktien hätte erwirtschaften können. Nun, in dem Moment, wo ich mir den langfristigen Chart einer Aktie anschaue, kann ich auch sagen, ob man mit ihr hätte viel gewinnen können. Das ist nun wirklich kein Hexenwerk. Natürlich sollte man sich einige Gedanken machen, bevor man die Aktien auswählt, in die man investieren will, keine Frage.
Ich zitiere: “Wenn du aber alle Dividenden immer wieder fleißig in Fresenius-Aktien angelegt hättest, dann hättest du heute, bei einer Anlage von 10.000 Euro im Jahr 1986, als Fresenius an die Börse ging, vermutlich mehr als eine Million.“
Hätte, hätte, hätte! Im Nachhinein ist man immer schlauer. Leider stößt man immer wieder auf solche Stellen im Buch.
Warren Buffet
Thiel ist offensichtlich ein großer Fan von Warren Buffet. Er beschreibt in dem Buch den Werdegang des jungen Buffet und zitiert ihn wiederholend immer wieder im Laufe des Buches. Es bleibt wirklich jedem selber überlassen, auf welche Weise er seine Geldanlage auswählt. Wer wie Buffet gerne Geschäftsberichte liest und sich intensiv mit Unternehmen beschäftigt, kann das tun, aber er soll auch bitte allen anderen ebenfalls die Freiheit lassen und nicht andere Geldanlageformen schlecht reden. Im Punkt Bankberater gehe ich mit ihm größtenteils konform. Natürlich ist ein Bankberater dazu angehalten, im Interesse seines Arbeitgebers zu handeln, aber deshalb sind nicht alle Banker per se schlecht oder gar Betrüger.
Wenn man Wohneigentum rein aus dem Blickwinkel des finanziellen Gewinnes betrachtet, mag es durchaus der Fall sein, dass ein Haus keine gute Wahl sein kann, aber was Thiel hier außer Acht lässt, ist der tatsächliche Nutzen eines Hauses. Natürlich kostet ein Haus viel Geld, aber es hat auch einen großen Nutzen.
Gold ist unsicher
Gegenüber dem physischen Gold als Geldanlage führt er als Gegenargumente neben den (hohen) Schließfachgebühren der Bank an, dass im Moment einer politischen oder gesellschaftlichen Krise, man wahrscheinlich überhaupt nicht mehr an sein Gold heran käme. Banken oder Regierung würden womöglich den Zugang verwehren. Das kann durchaus sein, aber genau so kann es mit Aktien auch passieren. Das sogar noch viel eher, da sie in der Regel nicht real existent sind, sondern nur als virtuelle Posten im Banksystem gespeichert sind.
Trader sind Zocker
Regelrecht geärgert habe ich mich beim Thema Trader. Hier führt Thiel einen ausgedachten Alex an, der als absoluter Zocker das Geld der Familie aufs Spiel setzt. Mit dieser fiktiven Person schert Thiel alle Trader über einen Kamm und unterstellt ihnen rücksichtslose Spieler zu sein. Das ist das Gleiche, als würde ich behaupten, alle Autofahrer sind rasende Fußgängermörder.
Ich zitiere eine Stelle aus dem Buch: Die meisten Trader verlieren Geld, manche ruinieren sich sogar finanziell, ganz so wie andere Spielsüchtige (Automaten, Karten, Roulette) auch. Spielsucht ist eine psychische Störung, die behandelt werden kann und behandelt werden sollte. Eine Einsicht in ihre Abhängigkeit haben Spielsüchtige, wie andere Süchtige auch, leider nur sehr selten. In der Regel kommen sie erst nach vielen Jahren der Abhängigkeit in eine Beratungsstelle oder zu einem Therapeuten.“
Gegen den ersten Teil habe ich nichts einzuwenden, es gibt durchaus Trader, die ihrem Geschäft nicht ernsthaft nachgehen und entsprechend keine konstanten Gewinne erzielen, aber das Trading an sich einer Spielsucht und psychischen Störung gleichzustellen, da hört mein Verständnis wirklich auf.
Ganz offensichtlich hat sich Thiel niemals mit guten Tradern unterhalten, womöglich noch nicht einmal eingehend mit dem Thema Trading beschäftigt.
Der Autor Christian Thiel hat den Index geschlagen, das heisst er hat mit seinem Aktiendepot in einem bestimmten Jahr eine bessere Performance erreicht als der Deutsche Aktienindex (DAX). Das ist ein gutes und anerkennenswertes Ergebnis, keine Frage. Aber ebenso gute Ergebnisse kann man zum Beispiel auch mit Trading erreichen. Und es war eben nur ein Jahr. Das Folgejahr sah wieder ganz anders aus. Nachzulesen in seinem Blog.
Schreibstil
Zu der inhaltlichen Kritik kommt noch hinzu, das mir der Schreibstil in dem Buch überhaupt nicht gefallen hat. Ich mag dieses reisserische Alles-ist-toll, Ich-bin-der-Beste und Clickbaiting 2überhaupt nicht. Ebenso möchte ich nicht von jedem geduzt werden.
Fazit
Einige Aspekte in diesem Buch sind sicherlich in Ordnung und ich gehe da und dort auch mit seiner Meinung konform, aber Christian Thiel sollte mal lieber von seinem hohen Ross herunter kommen und sich eingehend mit Leuten auseinandersetzen, die sich in den entsprechenden Themengebieten auskennen.
Wer etwas über Warren Buffet erfahren möchte sollte lieber entsprechende Biographien lesen. Über Aktien als langfristige Geldanlage findet man auch genügend andere ernsthafte Literatur.
Ich bin im Nachhinein froh, dass ich das Buch aus der Onleihe geliehen habe und nicht auch noch Geld dafür ausgegeben habe.
Definitiv keine Leseempfehlung von mir! 2 von 5 Punkten.
Daten kompakt
Kaufen | Amazon |
Verlag | Campus Verlag |
ISBN | 9783593506586 |
Erscheinungsdatum | 16.02.2017 |
Formate | gebunden, eBook |
Seiten | 224 |
- Quelle: Campus Verlag ↩
- Clickbaiting ↩
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